Roller E-Rider “Puma”: Nachrüstung eines Balancers

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Der vom chinesischen Hersteller E-Rider im Jahre 2014 gefertigte leistungsstarke Elektroroller "Puma" unseres Mitgliedes Jo besitzt einen Batteriesatz aus 28 LiFePo-Zellen zu 40Ah. Der Roller wurde zwar mit einem Batterie-Monitoringsystem ausgeliefert, das den Ladebetrieb bei Überschreitung von 3,9V (!) an irgend einer Zelle und den Fahrbetrieb bei Unterschreitung von 3,0V (beide Schwellen per PC-Programm veränderbar) unterbricht. Das System erlaubt die Auslese der Einzelzellspannungen mittels eines PC-Programmes ("Smart BMS"). Es nimmt jedoch keinerlei Ladungsbalancierung vor. Das Fehlen eines Balancers wurde uns erst nach Kontaktaufnahme mit dem chinesischen Hersteller nach merklicher Verringerung der Reichweite klar. Der Hersteller instruierte uns, mit Hilfe des Nachladens von Einzelzellen die Zellbalance wieder herzustellen. Ein sehr aufwändiges Unterfangen, bei dem auch der klobige militärische Rundsteckverbinder russischer Bauart des Batteriemonitoring-Systemes litt. U.a. entstanden folgende Unannehmlichkeiten:

  1. Zur Kontaktierung des Buchsensteckers wurden geeignete Nägel ausgesucht, dabei kam es jedoch einmal zu einem Fehlgriff und ein zu dicker Nagel weitete einzelne Buchsenkontakte auf. Daraufhin lieferte das Batteriemonitoringsystem falsche Messwerte und es kam zu fehlerbedingter Unterbrechung des Lade- und des Fahrbetriebes
  2. Einmal wurde vergessen, den Rundsteckverbinder vor dem Ladebetrieb wieder zusammenzustecken. Für das Batteriemonitoringsystem sind paradoxerweise in diesem Zustand alle Zellspannungen "o.k." und es deaktiviert demzufolge weder Lade- noch Entladebetrieb! Da der Batteriesatz nicht ausreichend ausbalanciert war, lief Zelle #01 in eine gefährliche Überspannung hinein!

Für die 28-zellige Batterie wurden 2 Stück Balancer-Baugruppen für bis zu 16 Zellen gewählt, die jeweils bei Überschreitung von 3,65V ca. 100mA abführen. Die Typenbezeichnung lautet HCX-D172BLLF16S-01, bzogen über www.smartemotion.de im September 2015 zum Preis von ca. EUR 26,- pro Baugruppe. Um einen ausreichenden Spritzwasserschutz bei hinreichender Kühlwirkung (Verlustleistung bis zu 12W!) zu erreichen, wurde ein rund herum geschlossenes Aluminiumgehäuse aus Strangpressprofil (Hersteller: Hammond) gewählt. Die 29 Kabeladern der Einzelzellabgriffe wurden mit eingeschrumpften 2A-HBC-Feinsicherungen abgesichert und über 2 PG-Verschraubungen in die stirnseiteigen Gehäusedeckel eingeführt.

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Der sehr klobige russische Rundsteckverbinder, mit dem das Batteriemonitoringsystem an die (nicht abgesicherten!) Einzelzellabgriffe angeschlossen war, wurde entfernt und es wurden Lüsterklemmleisten eingebaut. Die Zuleitungen zum Balancer wurden mit 2A-HBC-Feinsicherungen (5x20) abgesichert.

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Das ursprüngliche Montagekonzept sah vor, die Balancerbox vorne unter der Sitzbank unterzubringen und die sicher nicht ganz dichten Kabeleinführungen nach unten weisen zu lassen. In der Erprobungsphase kam die Box im Raum unter der Sitzbank leider auf dem sich stark erwärmenden Ladegerät zu liegen, wodurch wohl eine der Balancerschaltungen Schaden nahm und nun fortan dauerhaft (!) 100mA aus Zelle 16 entnahm. Daraufhin nahm einleuchtenderweise die Reichweite binnen Tagen ab (2,4Ah Verlust pro Tag), glücklicherweise wurde das absinkende Spannungsniveau von Zelle 16 gleich richtig interpretiert und in einer aufwändigen Umverdrahtungsaktion Balancer #16 stillgelegt. Die Zellen 16...28 werden nun von den Balancern 17...30 bedient (insgesamt 32 Balancer verfügbar).

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Stand August 2016 beträgt die Fahrleistung des Fahrzeuges bereits über 25.000 km! Die Wirksamkeit des Balancers ist auch ohne Auslesen der Einzelzellspannungen erkennbar, da das Ladegerät nun planmäßig nach Erreichen einer Gesamtspannung (ca. 101,8V was 3,64V pro Zelle entspricht) und Unterschreiten eines gewissen Ladestromes abschaltet. Im Falle des schlecht balancierten Batteriesatzes wurde das Ladegerät durch das Batteriemonitoringsystem gestoppt, da mindestens eine Zelle 3,9V(!) erreicht hatte. Erkennbar ist dies daran, dass die am Armaturenbrett angezeigte Batterie-Gesamtspannung bei Abschaltung deutlich unter dem typischen "Voll"-Wert von 101,8V liegt.

Da keine Koordination zwischen Ladegerät und Balancer erfolgt, ist nach Einbau des Balancers die Ladeendabschaltung leider nicht sehr stabil: Es kann sein, dass das Ladegerät durch den Balancerstrom davon abgehalten wird, endgültig abzuschalten, da die Summe der Balancerschwellspannungen ziemlich genau der Ladeschlussspannung des Ladegerätes entspricht bzw. zufällig etwas darunter liegt. In diesem Falle wird die Balancerbox erwärmt, da dauerhaft bis zu 100mA durch die ganze Balancerkette fließen. Mit etwas Erfahrung weiß man aber, wann dies der Fall sein wird und kann die Ladung manuell beenden.

S. Wü 9/2016